Ein wichtiges Instrument staatlicher Einflußnahme ist das Arbeitsförderungsgesetz. Es verfolgt
mit seinen Bestimmungen über die Bildungsförderung vorrangig arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Ziele. Die bildungspolitischen Ziele haben daneben geringeres Gewicht." Diese
Zielsetzung wird auch durch die Einordnung der Bestimmungen über die berufliche Bildungsförderung in das AFG deutlich, dessen Maßnahmen nach §1 darauf gerichtet sind, im Rahmen
der Sozial- und Wirtschaftspolitik der Bundesregierung einen hohen Beschäftigungsstand zu
erzielen und aufrechtzuerhalten." 54 Durch eine Verbesserung der Beschäftigungsstruktur soll
das Wachstum der Wirtschaft zu gefördert werden. Diese Intention ist in einer Linie mit dem
Magischen Viereck zu sehen, Stabilität des Preisniveaus - hoher Beschäftigungsstand - außenwirtschaftliches Gleichgewicht - stetiges angemessenes Wirtschaftswachstum. Dieses Credo
Erhardscher Wirtschaftsphilosophie wurde 1967 im Gesetz zur Förderung der Stabilität und des
Wachstums der Wirtschaft festgeschrieben.55 Das AFG kann also als ein Instrument zur
Erreichung des politischen Ziels Wohlstand für alle56 gesehen werden.
In diesem Zusammenhang ist die Unterscheidung zwischen der Förderung einer betrieblichen
Ausbildung einerseits und betrieblicher Fortbildung und Umschulung andererseits von besonderer Bedeutung. "Bei betrieblichen und überbetrieblichen Ausbildungen, die, wie erwähnt, nach
dem BAföG nicht gefördert werden können, steht das bildungspolitische Interesse an der
Schaffung der finanziellen Vorraussetzungen für eine qualifizierende Ausbildung im Vordergrund."57 Im Vordergrund des Interesses bei den Fortbildungs- und Umschulungsmaßnahmen
stehen dagegen arbeitsmarktpolitische Ziele, das heißt in erster Linie die Prävention oder
Eliminierung von Arbeitslosigkeit. Daher wird dem Einzelnen gegenüber die Wahlfreiheit bei beruflichen Fortbildungs- oder Umschulungsmaßnahmen wesentlich restriktiver gehandhabt, als
dies z.B. in der Ausbildungsförderung geschieht.
Den Text der rechtlichen Bestimmungen zur Bildungsförderung nach dem AFG, findet man im
vierten Abschnitt unter den §§ 33 - 49 AFG. Der § 33 Maßnahmen und Verfahren bei der
Bildungsförderung begründet zunächst die Pflicht der Bundesanstalt für Arbeit, zur Förderung
der beruflichen Aus- und Fortbildung sowie der berufliche Umschulung. Hierbei wird der
Bundesanstalt ein Ermessensspielraum für die Einzelfallentscheidung eingeräumt.
Die Durchführung der Bildungsmaßnahmen und die Wahl des Trägers, fällt gleichfalls in den
Ermessensspielraum der Bundesanstalt, allerdings ist die Bundesanstalt auf die Durchführung
von Bildungsmaßnahmen verpflichtet (allein, in Kooperation mit anderen Bildungsträgern oder
durch Beauftragung von Bildungsträgern), falls dritte in angemessener Zeit erforderliche
Maßnahmen nicht anbieten, bzw ein solches Angebot nicht zu erwarten steht.
Der §34 definiert die verschiedenen beruflichen Bildungsmaßnahmen, welche durch die Bundesanstalt gefördert werden dürfen, bzw sollen. Diese Förderung von beruflichen Bildungsmaßnahmen "erstreckt sich auf Maßnahmen mit ganztägigem Unterricht (Vollzeitunterricht), Teilzeitunterricht, berufsbegleitendem Unterricht und Fernunterricht, die im Geltungsbereich dieses
Gesetzes durchgeführt werden". Allerdings wird vorausgesetzt: Daß die Maßnahmen Erfolg
versprechen, was unter anderem anhand des Lehrplanes und der Qualifikation der Ausbilder zu
überprüfen ist und daß die Kosten sich in einem vertretbaren Rahmen bewegen.
Hochschulausbildungen werden ausdrücklich von der Förderungsmöglichkeit ausgeschlossen:
"(4) Maßnahmen an einer Fachhochschule, Hochschule oder ähnlichen Bildungsstätte sind
keine beruflichen Bildungsmaßnahmen im Sinne dieses Unterabschnittes."
Im §36 [Voraussetzungen der individuellen Förderung] werden die Grenzen der in den §§ 40
(Berufsausbildungsbeihilfe für Auszubildende), 40a (Berufsausbildungsbeihilfe für Arbeitslose),
40b [Übergangsvorschrift für Berufsausbildungsbeihilfen] und 40c (Zuschüsse zur Berufsausbildungsförderung) definierten Förderungsmöglichkeiten des AFG gezogen. Hier werden die
Leistungen zur individuellen Förderung beruflicher Bildung eingeschränkt auf die Fälle in denen
"der Antragsteller beabsichtigt, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung im Geltungsbereich des Gesetzes aufzunehmen oder fortzusetzen" und die Eignung des Teilnehmers
einen Erfolg der Bildungsmaßnahme erwarten läßt. Eine weitere Restriktion der Ausbildungsförderung nach dem AFG wird in Hinblick auf die Arbeitsmarktchancen eingeführt. Das
vermittelte Wissen muß auf dem Arbeitsmarkt verwertbar sein. "Die Teilnahme an einer
Maßnahme der beruflichen Fortbildung oder Umschulung soll nicht gefördert werden, wenn der
Antragsteller voraussichtlich auf dem für ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarkt innerhalb
einer angemessenen Zeit nach Abschluß der Maßnahme in der angestrebten beruflichen
Tätigkeit keine Beschäftigung finden kann." Im Umkehrschluß wird gleichzeitig die Umschulung
aus Berufen mit guten Arbeitsmarktchancen eingeschränkt: "Eine berufliche Umschulung aus
einem Beruf, in dem ein Mangel an Arbeitskräften besteht, ist nur zu fördern, wenn schwerwiegende persönliche Gründe eine berufliche Umschulung erfordern."
In den §§ 37 [Negative Voraussetzungen einer individuellen Förderung] und 38 [Leistungen der
Bundesanstalt bei Leistungsverzug anderer Stellen] werden die AFG "Leistungen zur individuellen Förderung der beruflichen Bildung (§§40 bis 49)" auf die Fälle eingeschränkt, in denen
nicht andere (öffentlich-rechtliche) Stellen leistungspflichtig sind. Allerdings wird eine Absicherung gegen den Leistungsverzug anderer öffentlich rechtlicher Stellen gewährt: "(1) Solange
und soweit eine öffentlich rechtliche Stelle die ihr gesetzlich obliegenden Leistungen (§37) nicht
gewährt, hat die Bundesanstalt Leistungen nach den §§ 40 bis 49 so zu gewähren, als wenn die
Verpflichtung dieser Stelle nicht bestünde." 58
Der Bundesanstalt wird die Lenkung von Art und Umfang der Förderung der beruflichen
Bildung durch Anordnung aufgetragen (§ 39 AFG) Hierbei hat sie neben der bereits vorgestellten Möglichkeit der individuellen Förderung, auch die Möglichkeit der institutionellen
Förderung. Ausschlaggebend für die institutionelle Förderung, ist "die Art der Maßnahmen, die
in den Einrichtungen durchgeführt werden sollen, und das von den Teilnehmern an diesen
Maßnahmen im allgemeinen angestrebte Ziel der beruflichen Bildung."