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Das Kernziel staatlicher Intervention im Bildungsbereich, ist die Bildungsförderung. Dieses Ziel
ist Gegenstand eines parteiübergreifenden Konsensus. Jedoch differieren die Begründungen der
Notwendigkeit staatlicher Bildungsförderung, einer aktiven Bildungspolitik. "...der langfristige
Bedarf der modernen Gesellschaft an qualifizierten Fachkräften, ist wohl das überhaupt
gängigste Argument in der bildungspolitischen Diskussion (...) Die Wirtschaftsentwicklung hängt
vom technischen Fortschritt; dieser von der Zahl der Akademiker, diese von den Bildungsinvestitionen ab..." 91 Neben dieser Begründung der wirtschaftlichen Notwendigkeit, werden noch
weitere Begründungen verwandt. So argumentiert z.B. Ralf Dahrendorf mit einem Bürgerrecht
auf Bildung, welches er den Menschenrechten gleichstellt. Daneben soll Bildung den Einen
Distinktion ermöglichen, Eliten bilden und den anderen zur Egalisierung dienen, allen Menschen
gleiche Seins-Chancen einräumen. Weitere Schlagworte sind in diesem Zusammenhang Wirtschaftsdemokratie und Partizipation , welche nur auf Grundlage einer ausreichenden Bildung
verwirklichbar erscheinen. Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Ansatz aus ökonomischer Perspektive, welcher die Bildungsdiskussion auf einen Streit um Verfügungsrechte zurückführt. "Verfügungsrechte werden nicht nur als Rechte an beweglichen und unbeweglichen
Sachen etwa im Sinne des Sachenrechts
des BGB begriffen, sondern auch als politische
Partizipations- und Menschenrechte; sei es, daß diese einen Anspruch an die gesellschaftlichen Ressourcen formulieren (Recht auf Bildung...)...Damit erweitert sich der Property-Rights-Ansatz in Richtung auf die Analyse
der Gesamtheit aller Handlungsnormen"92 Auch wenn die Absicht die
Gesamtheit aller (wirtschaftlichen-)
Handlungsnormen mittels der Property-Rights Theorie zu analysieren
etwas weit greift, der Grundgedanke
hat seinen Reiz. Er stellt eine Variation des unter anderem auch von
Dahrendorf vertretenen Standpunkts
dar, daß rechtliche Chancengleichheit der Bürger nur zu realer Chancengleichheit gerät, wenn die Vorraussetzungen "der objektiven Möglichkeit - der Erlaubnis - und die der subjektiven Möglichkeit - der Fähigkeit"93 gegeben sind.
Der vernachlässigte bevölkerungspolitische Aspekt soll hier zum Schluß in die Diskussion
gebracht werden.
Die Lebenserwartung der Bevölkerung in Deutschland steigt derzeit noch. Dies bedeutet, daß
die Gesellschaft, beim derzeitigen Renteneintrittsalter, einen größeren Anteil des Sozialproduktes als bisher für ihre nicht erwerbstätige Bevölkerung aufbringen muß. Daneben türmt sich
zusätzlich das Problem der Arbeitskräfterekrutierung in einem zunehmend enger werdenden
Markt auf, die Baby-Boomer werden bekanntlich vom Pillenknick gefolgt, was fatale Auswirkungen auf den Altersaufbau der Gesellschaft zeitigt. Allerdings sollte man diese Entwick-
lung nicht auf dramatische Art und
Weise überbewerten. Eine in einem
Zeitraum von fünfzig Jahren per Saldo um runde 14% schrumpfende
Wohnbevölkerung wird wohl kaum
Arbeitsmarktkrisen auslösen. Grundlage für diese Einschätzung ist zum
einen der relativ lange Anpassungszeitraum für die veränderten demographischen Grundlagen, zum anderen ändert sich parallel zu der negativen Entwicklung der Gesamtbevölkerung, die Struktur der Erwerbstätigen Bevölkerung. Während der Anteil der weiblichen
Bevölkerung an den Erwerbstätigen bislang stets deutlich unterhalb dem ihres Anteils an der
Gesamtbevölkerung lag, ist unter den jüngeren Kohorten eine Angleichung zu verzeichnen.
- Zwar sollte man diesen Trend nicht überbewerten, da in der zugrunde liegenden
Statistik auch Teilzeitarbeitsplätze enthalten sind (aber läuft der Trend nicht ohnehin in Richtung kürzerer Arbeitszeiten ?),
welche traditionell stärker von Frauen ausgeübt werden (trotz aller Emanzipation...) ,
was das Potential an Arbeitskräften wieder
relativiert. Jedoch dürfte zumindest ein Teil
des aufgrund der schrumpfenden Bevölkerung sinkenden Arbeitskräftepotentials, durch die stärkere Einbeziehung der weiblichen
Bevölkerung in das Erwerbsleben kompensiert werden.
Zusammenfassend läßt sich ein Interesse des Staates an der Einflußnahme auf die Gestaltung
des technischen und des sozialen Strukturwandels konstatieren. Ziel ist hierbei, daß
entstehen von kritischen Strukturen zu
verhindern. Dies bedeutet, daß man zum
Beispiel das Entstehen monostrukturierte
Wirtschaftsräume, wie sie die Küstenregion
(Werftenkrise) oder das Ruhrgebiet bis
Ende der siebziger Jahre (Hüttensterben)
darstellten, für die Zukunft verhindern will.
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Matthias Steppuhn
2003-07-05